Pandemie: Bezirksstelle Osnabrück fordert verantwortungsvolle Risikokommunikation

„Müssen Ärzte in der Region Osnabrück bald entscheiden, wer überlebt?“ so titelte die NOZ Wochenendausgabe im April 2020 oder am 05.11.2020 „Warum die Zahl der Corona-Todesfälle derzeit vermutlich höher ist als angenommen“ nebst einem Leichenwagen als Titelbild.

Besteht für eine solch beunruhigende Schlagzeile, versteckt hinter einer Paywall, momentan wirklich ein Anlass, wenn man sich um eine ausgewogene Risikokommunikation bemüht ? Besteht nicht eher die berechtigte Sorge, dass diese Überschriften zu Irritationen und Gefährdung der Versorgungswege führen, die dann nicht nur Toilettenartikel betreffen?

Auch frühere NOZ Überschriften wie z.B. „Wenn Ärzte entscheiden, wer sterben muss“, „Madrid: Alle 6 Minuten ein Toter“, „Kein Hoffnungsschimmer: Italien verzweifelt im Corona-Kampf“ berücksichtigen in keiner Weise die wünschenswerte Kriterien einer „belegbaren“ und evidenzbasierten Risikokommunikation. Leichtfertig werden hier Einzelschicksale als exemplarisch vorgehalten, die aber der Lage hier in Deutschland nicht gerecht werden.

Auch die Politik wäre gut beraten, statt von „Neuinfektionen“ wie in Österreich nur von „positiv Getesten“ zu sprechen: Ein positiver PCR Test sagt nicht zwingend etwas darüber aus, ob der Getestete infektiös, erkrankt oder behandungsbedürftig ist.

Wo ist hier die Relation zur derzeitigen Berichterstattung ?

Überzogene Titel, die nur der Aufmerksamkeitssteigerung dienen, sind nicht zielführend und sogar gefährdend. Dies sollte in der Berichterstattung berücksichtigt werden, um keine unnötige Ängste zu schüren, Vertrauen in das Krisenmanagement nicht zu gefährden und Versorgungsengpässe nicht künstlich zu provozieren. Die Art und Weise der Berichterstattung ist entscheidend und hat ebenfalls Konsequenzen für unser aller tägliches Leben.

Dr. Steffen Grüner

Vorstandsvorsitzender der Bezirksstelle Osnabrück der Ärztekammer Niedersachsen
Oberfeldarzt und Mitglied des Kreisverbindungskomandos Zivilmilitärische Zusammenarbeit Osnabrück

NOZ: Warum die Zahl der Corona-Todesfälle derzeit vermutlich höher ist als angenommen