GOÄ Neu: Scherbenhaufen der ärztlichen Selbstverwaltung
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
immer wieder werden wir mit den Scherben der sog. ärztlichen Selbstverwaltung konfrontiert, wie zum Bespiel bei der GOÄ Neu. Noch immer ist keiner imstande zu sagen, wieviel z. B. ein Sonoabdomen erbringen wird, weiterhin werden die Vorgaben der vergangenen DÄT nicht beachtet, die einer EBMisierung der GOÄ Neu eigentlich eine klare Absage erteilt haben.
Warum ist die GOÄ für die freiheitliche Ärzteschaft so wichtig - nun zum einem hat das Neubauergutachten mehr als hinreichend die Notwendigkeit einer auskömmliche GOÄ dargelegt. Es ist aber nicht nur die Ökonomie - nein, die Befähigung zum Entwurf einer eigenen Gebührenordnung kennzeichnet den freien Berufstand, jeder von uns hier – egal ob Klinik, Praxis oder „freelancer“ gehört dazu.
Wozu brauchen wir also Ärztetage, in denen wir beschließen, dass die GOÄ eben nicht dem EBM ähneln soll, wenn dies mit einem Federstrich und dem lapidaren Hinweis auf die politischen Notwendigkeit und die drohende Bürgerversicherung einkassiert wird ? Kein anderer freier Berufsstand, weder Architekten, Zahnärzte noch Juristen, hat sich entblödet, die Leistungsanbieter beim Entwurf der eigenen Gebührenordnung sofort mit an den Tisch zu holen. Das die Politik uns jetzt links überholen will, geschieht uns recht - wir haben uns hier nicht durchsetzen wollen.
Ein weiteres Privileg des freien Berufstandes ist, dass wir uns selbst verwalten dürfen. Die Ärztekammer Niedersachsen streitet z.B. heute um 5 Euro pro Mitglied für die Ärztevereine und hat Bedenken, zukünftig Traueranzeigen für verstorbenen Kollegen zu finanzieren, aus Angst vor dem Rechnungshof und der scheinbar investigativen Presse. Die Arbeit einer politisch agierenden Ärztekammer sieht sicherlich anders aus. Es gibt noch viele Themen, die wir unserer Selbstverwaltung - und hier nicht nur die ÄK - vorhalten könnten: Compumed macht mit der Telematik ein Millionengeschäft, wir dürfen die Mehrarbeit für die Krankenkassen und die Montagskonektoren leisten, dies angeblich kostenneutral, die KBV bemüht sich ja schon um Nachfinanzierung.
Ärztliche Bereitschaftsdienst: Wir reduzieren unsere Leistungen und treiben ohne Not die Patienten in die Kliniken - dies Eigentor kommt jetzt in Form von Protalpraxen, die wir besetzen und finanzieren müssen, wieder zurück.
Geehrte Kolleginnen und Kollegen, so kann es nicht weitergehen - wir müssen den Ball, der uns ständig von Politik und Presse in den eigenen 16 Meter Raum geschossen wird, bereits an der Mittellinie abfangen und auf das Tor der Politik spielen.
Hier geht es auch um unsere Patienten: Die Spendenbereitschaft ist seit dem sogenannte „Organspendeskandal“ deutlich gefallen, die Schuld am Tode vieler Patienten, die vergeblich auf ein Spendeorgan gewartet haben, klebt nicht nur an den Händen einer Journaille, die sich ein permanentes Ärztebashing auf die Fahnen geschrieben hat, ohne die Folgen für unsere Gesellschaft zu bedenken.
Wir Ärzte haben hier nicht deutlich genug betont, dass es keinen Organspendeskandal gegeben hat.
Wo bleiben unsere Gremien, wenn die Politik von uns kostenlose Mehrarbeit fordert ? Warum verweisen wir nicht auf die leeren Ränge im Plenarsaal des Bundestages, wenn es dort um unsere Gesundheitspolitik geht ?
