Kritik an Quarantäne für Arzt aus der Region
Designierter Osnabrücker Kammer-Chef fordert Corona-Praxen
Osnabrück. Verwundert reagierte der designierte Vorstand der Osnabrücker Ärztekammer auf den Bericht unserer Redaktion über einen niedergelassenen Arzt, den das Gesundheitsamt nach dem Kontakt zu einer Corona-Patientin in die Quarantäne schickte. Die Sperrung sei absolut unverständlich, auch sei sie nicht die Regel, meint Dr. Steffen Grüner.
Er selbst sei in solchen Fällen nie gesperrt worden. Den betroffenen Allgemeinmediziner kenne er persönlich, sagte Grüner unserer Redaktion am Mittwoch. Der Fall sei für ihn Anlass gewesen, sich mit der grundsätzlichen Kritik an Stadt und Landkreis Osnabrück zu wenden, dass niedergelassene Ärzte im Bereitschaftsdienst Corona-Abstriche nehmen sollen. Andere Kreise würden die Tests in ihren Corona-Zentren durchführen lassen.
„Es gibt kaum eine Indikation für diese Fahrten, die letztendlich eine Vergeudung von Ressourcen darstellen, da Kittel und Atemmasken woanders dringender gebraucht werden würden“, findet Steffen Grüner. Trotz der Warnungen der Ärztekammer würden die Fahrten weiter durchgeführt, mit der Folge, dass der Kollege aus dem Landkreis jetzt in Quarantäne geschickt wurde. „Er steht also für die Grundversorgung der Patienten nicht mehr zur Verfügung. Die beruflichen und finanziellen Fragen sind ebenfalls noch nicht weitreichend geklärt, eine berufsgenossenschaftliche Absicherung nicht gegeben.“
„Pandemiebekämpfung nicht primär Sache der Vertragsärzteschaft“
Pandemiebekämpfung sei Sache des Gesundheitsdienste und des Landes und nicht primär der Vertragsärzteschaft. Grüner betont: „Diese ist für die Regelversorgung da.“ Das regele das Infektionsschutzgesetz.
Deshalb habe er sich am Dienstag dieser Woche per Mail an Stadt und Landkreis Osnabrück gewandt und angeregt, einem Modell aus dem Nachbarkreis Steinfurt zu folgen: „Die Covid-19-Ambulanz in Rheine behandelt Verdachtsfälle (Patienten mit Husten, Fieber), bestätige Corona-Infizierte und Covid-19-Erkrankte und fokussiert und bündelt so Spezialwissen und Ressourcen ökonomisch an einem Brennpunkt. " Dies habe sich in anderen Ländern als sehr sinnvoll erwiesen, da die Spezialpraxis Regelversorgung und Notaufnahmen, Praxen und Gesundheitsämter wirksam entlaste. „Diese Spezialisierung führt auch zu einer Professionalisierung, so Grüner.
„Schon Ablegen der Schutzkleidung brauche Erfahrung“
Die Schutzkleidung anzulegen, vor allem aber sie kontaktfrei abzulegen, erfordere Expertise und Routine. Diese könne Medizinern im hausärztlichen Bereitschaftsdienst fehlen: Schließlich seien dort auch Psychologen, Pathologen oder andere Kollegen tätig, die mit dem korrekten Eigenschutz und der entsprechenden Ausrüstung keine Erfahrung hätten.
NOZ April 2020: Designierter Kammerchef fordert Coronapraxen
