E-Rezept? Warum Kollege Grüner lieber Muster 16 nutzt
Gegen Digitalisierung ist er nicht, so der Osnabrücker Hausarzt Dr. Steffen Grüner. Aber so lange das E-Rezept Probleme im Praxisalltag macht und mehr Zeit als die Papierverordnung beansprucht, bleibt es in seiner Praxis die Ausnahme.
Osnabrück. Hausarzt Dr. Steffen Grüner bleibt beim Muster 16 – jedenfalls so lange das E-Rezept nicht störungsfrei laufe, die Sicherheit nicht gegeben sei und das Ganze mehr Zeit fresse, als ein Rezept wie gehabt auszustellen, sagt der Vorsitzende der Bezirksstelle Osnabrück der Niedersächsischen Ärztekammer.
Nach Grüners Ansicht haben 40 Prozent der Kolleginnen und Kollegen ernste Probleme mit der Verordnung per E-Rezept. Anfang Januar hätten Versicherte der BKK, IKK und DAK nicht per E-Rezept-App auf ihre Verordnungen zugreifen können. Wie berichtet waren zum Jahresstart aber ebenso AOK-Versicherte bundesweit betroffen. Die Störungen beim Zugang zur E-Rezept-App via Versicherten-App sind jedoch schon seit einigen Tagen behoben.
QR-Code und Verordnung stimmen nicht überein?

Hausarzt Dr. Steffen Grüner tritt für seine Meinung ein: Hier in Berlin beim Ärzteprotest Anfang Oktober 2023, als Mediziner vorm Bundesgesundheitsministerium ihre Kittel ablegen.
© Dr. Steffen Grüner
Laut Grüner schienen so manche QR-Codes in der Apotheke andere Arzneimittel anzuzeigen als tatsächlich vom Arzt verordnet. Mitunter seien für ein Medikament beim Einlesen mehrere Arzneimittel für mehrere Personen angezeigt worden.
Auch aus anderen Regionen meldeten Praxen und Apotheken teils Probleme, die KVen hielten sich mit ersten Prognosen kurz nach dem bundesweiten Start des E-Rezeptes zum 1. Januar aber noch zurück.
„Ich fürchte, es sind bisher nur deshalb so wenige Probleme mit dem neuen E-Rezept entstanden, weil die Kolleginnen und Kollegen weiterhin Muster 16 nutzen“, meint Grüner. Kein Wunder, denn das E-Rezept dauere länger als per Muster 16 zu verordnen, sagt er. Außerdem sähen die Patienten auf dem herkömmlichen Rezept, was sie bekommen, so der Hausarzt. Dass seine MFA ihm weiterhin die Rezepte als Stapel zum Abzeichnen bringen, hält er nicht für einen Nachteil. „Ich kann so auch noch händisch Änderungen anbringen“, sagt er.
Grüner: Kaum Nachfrage von Patienten
Zudem fragten die Patientinnen und Patienten das E-Rezept kaum nach. Grüner: „Die sind nicht interessiert, aber wenn sie doch ein E-Rezept wollen, dann bekommen sie natürlich eines.“ Dennoch schiebt er hinterher: „Aber wenn mal wieder eine gestresste MFA zu mir kommt und sagt, es klappt wieder nicht mit dem E-Rezept, dann nehme ich lieber gleich das Muster 16.“
Aber Grüner will nicht als Fundamentalkritiker der Telematikinfrastruktur (TI) missverstanden werden. „Niemand wehrt sich gegen die Digitalisierung in der Praxis, aber sie muss auch einen Vorteil bringen“, sagt er im Gespräch mit der Ärzte Zeitung. „Wenn ich nur noch das Rezept am Bildschirm ausstellen und ,enter‘ drücken muss, und wenn es dann auch wirklich bei der Apotheke abrufbar ist und ich weiter nichts mehr damit zu tun habe, dann bin ich dabei.“
„Eine Erleichterung bräuchte keine Zwangsmaßnahmen!“
Die ganzen Zwangsmaßnahmen für Kollegen, die sich dem E-Rezept und der elektronischen Patientenakte verweigern, zeigten doch umso mehr, dass das elektronische Rezept nicht nur Vorteile hat, lautet seine Meinung. „Eine Erleichterung bräuchte keine Zwangsmaßnahmen!“ Die TI müsse endlich sicherer werden und stabiler laufen.
Und: „So lange PKV-Patienten kein E-Rezept erhalten können, dürfen oder wollen und Bundeswehrangehörige weiter auch ein Papierrezept bekommen und so lange technische und Datenschutzprobleme nicht geklärt sind, benutze ich gerne Muster 16 weiter.“ (cben)